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Darum wird der Christopher Street Day gefeiert

Die Stonewall Inn-Krawalle markieren den Beginn der LGBTQ-Emanzipationsbewegung. Aber als das erste Bierglas geworfen wurde, wusste niemand, dass dies den Lauf der Geschichte verändern würden.

Der New Yorker Sommer ist tropisch. Das wässrige Bier im Stonewall Inn wurde sehr schnell warm, wenn man es nicht sofort getrunken hat. Der Morgen brach an, die Musik dröhnt laut durch die Boxen. Doch plötzlich gehen die Lichter an. Die ausgelassene Party hatte ein Ende. In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 überfiel die Polizei das Stonewall Inn, eine LGBTQ ( Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Queer) Bar in New York. Zu dieser Zeit waren Razzias in queeren Clubs keine Seltenheit gewesen. Aber diese Nacht verlief anders als sonst, denn die anwesenden Gäste schlugen zurück.

Die New Yorker City Polizei befahl den Gästen, sich an die Wand zu stellen, um ihre Identität zu überprüfen. Diejenigen, deren Geschlecht nicht mit ihrem Führerschein übereinstimmte, wurden verhaftet und diejenigen ohne Ausweis wurden in einen anderen Raum gebracht, um ihr Geschlecht überprüfen zu lassen. In 49 der 50 amerikanischen Bundesstaaten war Sex, Händchenhalten, Küssen oder Tanzen mit einer Person desselben Geschlechts verboten. Die Polizei machte regelrecht Jagd auf die LGBTQ-Gemeinschaft. Als wäre das nicht erniedrigend genug, wurden einige Namen der Gäste an die Presse weitergegeben– mit verheerenden sozialen Folgen für die Betroffenen. Sie verloren ihre Wohnung, Arbeitsplatz und waren geächtet. Nicht wenige Betroffene nahmen sich das Leben.

In den Händen der Mafia

Das Stonewall Inn an der Christopher Street war damals der größte schwule Club der gesamten USA. Für viele war das der einzige Zufluchtsort, an denen sie sich offen ausdrücken und zusammen sein konnten. Ein Zufluchtsort vor einem konservativen Staat, der ihre Existenz als Bedrohung für den öffentlichen Anstand und die nationale Sicherheit betrachtete. Eine Bar könnte ihre Lizenz verlieren, nicht nur, indem sie gleichgeschlechtliche Berührungen oder Tänze in ihrer Einrichtung zulässt, sondern einfach, indem sie der LGBTQ-Gemeinschaft erlaubten, sich zu treffen. Aus diesem Grund waren Bars wie das Stonewall Inn für viele ein Ort der Freiheit. Die Mafia roch hier eine Möglichkeit, Geld zu machen und öffnete deshalb zahlreiche Schwulenbars im Greenwich Village von New York City. Das Betreiben von Bars wie das Stonewall Inn war nur möglich, weil die New Yorker Polizei regelmäßig von der Mafia geschmiert wurde. So wurden die Razzien vorab angekündigt, sodass die Gäste genug Zeit hatten zu flüchten.

Die Mafia hatte einen freien Ort geschaffen, aber der hatte seinen Preis. Gäste, insbesondere Wall Street Händler oder angesehene Persönlichkeiten der Stadt wurden erpresst. Mit dem Schweigen konnte mehr Geld verdient werden als mit dem Mischen von alkoholischen Getränken. Ein Ort der Zuflucht und Repression. Aber die Menschen hatten keine andere Wahl.

Der Funke, der das Feuer entzündete

In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 gab es keine Hinweise, dass die Polizei im Stonewall Inn eintraf und anfing, auf die Menschen einzuprügeln.  Aber diesmal wurde zurückgeschlagen. Es flogen Steine und Bierflaschen. Die Polizei hatte die Kontrolle verloren und versteckte sich. Die angestaute Wut über staatliche Repressionen und das Leben im Schatten, führte zu einer Reihe von Ereignissen, die letztlich in einem Aufstand gipfelten. Gegen 4 Uhr morgens beruhigte sich die Situation, aber der Aufstand hatte gerade erst angefangen. In der folgenden Nacht und in den Nächten danach gingen die Menschen immer wieder auf die Christopher Street. Was einst geheim war, war jetzt draußen und sichtbar.

Wenn es um Stonewall geht, wird oft nur von weißen Schwulen und Lesben erzählt, aber damals wehrten sich vor allem PoC (People of Colour) Queers, Trans*menschen, Dragqueens und Sexarbeiter*innen gegen homo-und transfeindliche Polizeigewalt. Tausende Menschen lieferten sich sechs Nächte lang eine Schlacht mit der Polizei. Diese Nacht war eine treibende Kraft für den politischen Aktivismus der LGBTQ Community.

Copyright: William Murphy Dublin Pride Festival 2019.

Ein Jahr später fanden Demonstrationen in New York, Chicago und San Francisco statt, die an den einjährigen Jahrestag der Aufstände in Stonewall erinnern. Heute feiert ein Großteil der Welt den Christopher Street Day. Dieser Tag steht für das Selbstbewusstsein der LGBTQ Gemeinschaft und ihren Widerstand gegen Diskriminierung. 2019 jährt sich zum 50. Mal der Stonewall-Aufstand. Die Situation der LGBTQ Gemeinschaft hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gebessert.

Trotzdem erschreckt die weltweite Lage immer noch. Auch heute ist Homosexualität in 78 Ländern verboten, in acht Ländern sogar unter Todesstrafe gestellt. Tausende von Menschen werden jedes Jahr aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und umgebracht. Selbst in liberalen Ländern hat die Anzahl an homophoben Übergriffen massiv zugenommen. Konversationstherapien sind immer noch nicht verboten und in den Lehrbüchern spielt das Thema sexuelle Vielfalt bis heute keine wirkliche Rolle. Der Kampf ist also längst noch nicht vorbei.

†

Instagram Post von misscissywalken. Der Kampf um Gleichberechtigung geht weiter.


Titelbild: © Toni Reed via Unsplash

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